Konrad Sommer

(1915-2012)

Besprechungen einzelner Zeichnungen

1945-1949



Diestel, 16.2.1946
Bleistift, Tusche grauem Papier, 17,4 x 24, 2 cm, bez. u.r.: 16.2.46

 Konrad Sommer: Distel, 16.2.1946, Bleistift, Tusche grauem Papier, 17,4 x 24, 2 cm, bez. u.r.: 16.2.46
Konrad Sommer: Distel, 16.2.1946, Bleistift, Tusche grauem Papier, 17,4 x 24, 2 cm, bez. u.r.: 16.2.46

Das früheste hier vorgestellt Blatt zeigt in frontalen Aufsicht eine getrocknete Distelblüte mit einigen sie umrankenden Blättern und ist in Bleistift auf grauem Papier ausgeführt. Schraffuren fassen das Blütenarrangement in die Umgebung ein und verleihen der Darstellung räumliche Tiefe. Auch die genau beobachteten Windungen der Blätter sowie der Blütenteile tragen zu diesem räumlichen Eindruck bei. Es bleibt allerdings im Unklaren, welcher Art der Untergrund ist. Ein Tuch, Holz oder eine anderes Material? Die Schraffuren erweisen sich damit als ein rein zeichnerisches Mittel, das nicht Realität abbilden will, sondern einen Zeichenraum entfaltet. Typisch für Sommer ist die Zentrierung des Motives, doch befindet sich die Blüte nicht genau im Blattmittelpunkt, sondern leicht aus der Mittelachse nach links verschoben. Die Blätter umsäumen die Blüte ebenfalls nicht symmetrisch, sondern sehr variantenreich. Das Motiv besitzt eine große dekorative Ausstrahlung. Trotz der genau beobachteten Details wirkt die Bleistiftzeichnung großzügig und schnell hingeworfen. Die Datierung 16.2.46 in der rechten unteren Ecke wurde in Tusche mit einer Stahlfeder hinzugefügt und hebt sich deutlich von der Zeichnung ab.



Dachauer Moos, 1946
Tusche, Feder auf Transparentpapier, 20,1 x 25,1 cm, bez. u.r.: K. Sommer 46

 Konrad Sommer, Dachauer Moos, 1946,  Tusche, Feder auf Transparentpapier, 20,1 x 25,1 cm, bez. u.r.: K. Sommer 46
Konrad Sommer, Dachauer Moos, 1946, Tusche, Feder auf Transparentpapier, 20,1 x 25,1 cm, bez. u.r.: K. Sommer 46

Das Blatt zeigt einen landschaftlichen Ausschnitt des flachen Dachauer Mooses. Im Vordergrund sieht man einen Weiher mit Schilf, angedeuteten Seerosenblättern und zwei Wasservögeln, vielleicht Schwarzenten. Den Mittelgrund nimmt links ein für das Dachauer Moos so typischer Torfunterstand ein, zentral in der Mitte steht eine Baumgruppe und rechts gewahrt man weitere niedriger Sträucher und Schilf. Der Horizont der flachen Landschaft liegt fast in der horizontalen Bildmitte und darüber ist ein wolkenreicher Himmel mit einem kleinen Vogelschwarm angedeutet. Die Ausführung des Blattes als Tuschezeichnung mit feiner Stahlfeder erinnert an eine Radierung und besitzt eine altmeisterliche Ausstrahlung. Trotz der detailreichen Darstellung mit der Einbindung von Tieren weisen die großzügigen Schraffuren in der Wasserspiegelung oder in den Schatten der Bäume und Buschgruppen selbst auf eine Eigenart des Künstlers hin, die er später umfangreich einsetzen wird. Dass jeder Strich als abstraktes Zeichen zu verstehen ist, dass jeder Strich, bzw. jede Schraffur selbst eine Chiffre darstellt, die erst durch das sehende Ergänzen des Betrachters eine inhaltliche Darstellung erlangt.



Baumstudie, 27.1.1948
Bleistift auf Papier, 16,6 x 25,8 cm, bez. u.r.: 27.I.48

 Konrad Sommer, Baumstudie, 27.1.1948, Bleistift auf Papier, 16,6 x 25,8 cm, bez. u.r.: 27.I.48
Konrad Sommer, Baumstudie, 27.1.1948, Bleistift auf Papier, 16,6 x 25,8 cm, bez. u.r.: 27.I.48

In dieser winterlichen Studie vom 27. Januar 1948 reduziert Sommer zwei dicht nebeneinander stehende Bäume auf ihre Stämme und Äste. Es handelt sich wohl um ältere Gewächse, deren vielfach kurvige Ausbildung vom Ausgesetzsein gegenüber einer harten Witterung spricht. Da einzelne Äste abgebrochen oder abgesägt scheinen, sind zwar Verletzungen sichtbar, doch strecken sich die Pflanzen voller Kraft in den Himmel empor und scheinen das Querformat zu sprengen. Mit nur wenigen Strichen ist die nähere Bodenumgebung um die beiden Stämme wiedergegeben. Durch die Isolierung der Bäume vor dem ansonsten unbearbeiteten Hintergrund gestaltet der Künstler das Blatt zu einer rhythmischen Folge von kraftvollen dickeren Stämmen und Ästen und kleineren Trieben. Trotz der Ruhephase der Vegetation spürt der Betrachter die Lebensenergie, die in den Pflanzen steckt, und die in der neuen Vegetationsfolge zum Ausbruch gelangen wird. Vergleicht man die Baumstudien Sommers mit Gemälden kahler Bäume der amerikanischen Malerin Sylvia Plimack Mangold (geb.1938) fällt auf, dass sich die Arbeiten beider in der Thematik und den Motivausschnitten sehr ähneln, dass beide Künstler vegetabile Ausdrucksformen darstellen.



Untersberg, 28.5.1948
Tusche, Feder auf Papier, 22,5 x 33,7 cm, bez. u.r.: Untersberg 28.5.48

Konrad Sommer, Untersberg, 28.5.1948, Tusche, Feder auf Papier, 22,5 x 33,7 cm, bez. u.r.: Untersberg 28.5.48
Konrad Sommer, Untersberg, 28.5.1948, Tusche, Feder auf Papier, 22,5 x 33,7 cm, bez. u.r.: Untersberg 28.5.48

Die mit Feder und Tusche ausgeführte Zeichnung gibt einen Blick vom Untersalzberg Richtung Untersberg wieder. Die Aufmerksamkeit des Betrachters richtet sich hauptsächlich auf den abwechslungsreichen mit Details ausgestatteten Vordergrund, in dem verschiedene Tannen, Gebüsche und Holzpfähle an einem in die Tiefe führenden Abhang stehen. Ein Hang der Kneifelspitze führt von links unten nach rechts oben und bildet eine Art Mittelgrund. Dort sind mit leichten Schraffuren und Umrissen Almwiesen und Waldbereiche voneinander getrennt. Den in der Ferne zu erkennenden Gebirgsstock des Untersberges umreißt eine mit der Feder gezogene Kontur und seine Gesteinsmassen werden durch leicht gesetzte, meist parallel zueinander verlaufende Striche dargestellt. Der Himmel darüber zeigt angedeutete Wolken, die genau in der vertikalen Bildachse auf den Berg zu treffen scheinen. Es handelt sich bei diesem Blatt um eine Ortsstudie, bei der eine Lokalität anschaulich eingefangen wird. Details nehmen vom Vordergrund zum in der Ferne liegenden Untersberg kontinuierlich ab, so dass durch dieses zeichnerische Mittel eine Luftperspektive erzeugt wird. Vor allem in seinem Frühwerk und dann wieder in den neunziger Jahren stellte Sommer den Gebirgsstock häufiger dar. vom Haus seiner Schwiegereltern im Sommerbichlweg konnte man direkt zum Watzmann schauen. Von einer Wiese nur wenige Meter von Gebäude entfernt hatte man auch einen grandiosen Blick auf den Untersberg.